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Letters from Singapore (1): Unterkunft
Donnerstag, 2007-06-14

Jetzt bin ich also am Ziel, nach einem (wieder mal) viel zu langen Flug. Nur dass dieser noch länger war, dank der Verbindung über Bangkok. Gut gespeist über dem schwarzen Meer, nicht schlafen können über Afghanistan, Turbulenzen über Indien, fix und fertig in Singapur. Und dann fing der Stress erst an … aber lassen wir das. Anstatt streng chronologisch zu berichten, werde ich meine »Letters from Singapore« lieber thematisch gliedern. Heute: meine Unterkunft.

Die Kollegen hatten für mich eine Wohnung im »Valley Park« [1] ergattert. Ganz so edel, wie die Anlage auf den Bildern wirkt, ist sie zwar nicht (der Urlaubskatalog-Effekt), aber leben lässt es sich da ganz gewiss. Nur steckt wie immer der Teufel im Detail. Erstes Detail: Am Tag meiner Anreise war die angepeilte Wohnung noch gar nicht frei. Erfuhren wir praktisch in letzter Minute. Von dem »Gauner« (Zitat Kollege), einer Art Makler, der sie uns verschafft hatte, dann aber wenigstens ein Hotelzimmer reservierte. Die »Übergabe« am folgenden Tag war dann auch interessant; anzutreffen war lediglich die Putzfrau. Ihre Muttersprache war nicht zu eruieren, eine Verständigung nahezu unmöglich. Immerhin konnte sie uns den Schlüssel aushändigen, aber Informationen – Pustekuchen. Bis heute ist unklar, wann sie jetzt eigentlich jeweils vorbeikommt und was zum Service des »serviced apartment« gehört und was nicht.

Die Glastür am Hauseingang öffnet sich via Badge. Als Besucher hingegen muss man sich mit einer High-Tech-Klingelanlage herumschlagen und ein sechsschrittiges Prozedere einhalten (»Step 1: Press 1« …) – nur dass nicht klar ist, welche Knöpfe ich dann oben in der Wohnung in welcher Folge drücken muss (an dem Kästchen gibt es u.a. Knöpfe wie »Lift Release«, »Door Release«, »Guard House« und »Panic Button«). Aber bezieht sich jetzt der »Lift Release« auf den Visitor Lift? Oder alle?? Kompliziert. Wer mich besuchen will, ruft am besten per Handy an. Ah, der Lift ist übrigens recht gesprächig. »Going up«, »going down«, »doors are closing« (käme man nicht von alleine drauf) und manches mehr plappert er vor sich hin.

Die Wohnungstür ist auch so ein Kapitel. Beim ersten Versuch, sie aufzusperren, musste ich auf die harte Tour lernen, dass man in Singapur den Schlüssel genau anders herum drehen muss als gewohnt … Zusammenhang mit dem Linksverkehr? Oder liegt's daran, dass ich mich hier auf der Südhalbkugel befinde? Zumindest habe ich für die Wohnung einen Schlüssel, selbiges gilt leider nicht für meinen stets offenen Briefkasten. Dass mir ja niemand etwas Wertvolles schickt! – Während ich mich erstmals mit meiner Tür mühte, lernte ich übrigens gleich meine junge, japanische Nachbarin kennen. Dank vielfacher gegenseitiger Verneigungen (Fernsehen bildet eben doch) hatte ich gleich die ersten Sympathiepunkte gewonnen, im Gegenzug entschuldigte sie sich schonmal im voraus für ihre laute zweijährige Tochter, was ich mit der Bemerkung quittierte, ich sei sowieso kaum zuhause, kein Problem. Auf gute Nachbarschaft.

Vielleicht sollte ich die Dame von nebenan um Hilfe bitten, was mein kleines graues Telefon auf dem Schreibtisch angeht. Das ist nämlich nur Chinesisch beschriftet, und zeigt zwar auf dem Display viele lustige Zahlen an, bringt aber kein Freizeichen. Wahrscheinlich muss man einen der drei für mich unlesbar bedruckten Knöpfe drücken für eine Amtsleitung. Und angeblich können Japaner ja manchmal auch chinesische Zeichen lesen. Aber vielleicht lerne ich die Sprache auch noch, indem ich konsequent chinesische Gameshows ansehe, von denen gibt es reichlich im Fernsehen (vernünftige Sender hab' ich nur wenige, BBC World, CNN, NBC, DW – das war's fast schon), und aussehen tun die allesamt sehr amüsant. Oder doch lieber eine indische Soap Opera?

Update, 2007-06-15: Ich weiss, das wird jetzt Neid und Missgunst auslösen – heute abend, nach einem einigermassen anstrengenden Tag, habe ich – nachdem endlich der schweisstreibende Heimweg geschafft war – definitiv beschlossen, den Pool a) zu suchen und finden und b) zu testen. Ich kann einen Erfolg vermelden, ich habe ihn gefunden, und es war – traumhaft.

[1]  http://www.singaporeexpats.com/singapore-property-pictures/condo...